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Urteil Versicherungsgericht (SG - AVI 2009/44)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2009/44: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer, ein ehemaliger mitarbeitender Ehemann seiner Frau in deren Unternehmen, verlor seinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab Mai 2007, da der Betrieb seiner Frau nach vorübergehender Schliessung faktisch weitergeführt wurde. Zudem wurde seine Vermittlungsfähigkeit aufgrund seines Verhaltens ab Mai 2007 in Frage gestellt, da er angebotene Stellen ablehnte, Arbeitsprogramme unterbrach und sich nicht aktiv um Arbeit bemühte. Der Entscheid des Amtes für Arbeit, die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers abzulehnen, wurde bestätigt, und die Beschwerde wurde abgewiesen. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AVI 2009/44

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2009/44
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2009/44 vom 31.05.2010 (SG)
Datum:31.05.2010
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 31 Abs. 1 lit. b AVIG. Der aus der Einzelfirma des Ehegatten ausscheidende Versicherte hat keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung, sofern eine Umgehung der Bestimmungen über die Kurzarbeitsentschädigung möglich ist. Schliesst der Ehegatte die Einzelfirma, um innert kürzester Zeit (vorliegend 5 Monate) ein Geschäft mit identischem Zweck an neuer Lage und unter neuer Firma zu eröffnen, liegt keine definitive Betriebsaufgabe im Sinne von BGE 123 V 234 ff. vor, die den Versicherten zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung berechtigen würde. Zusätzlich fehlende Vermittlungsfähigkeit bejaht (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 31. Mai 2010, AVI 2009/44). Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 8C_591/2010.
Schlagwörter: Arbeit; Verfügung; Vermittlungsfähigkeit; Anspruch; Person; Recht; Entscheid; Tatsache; Beschwerdeführer; Arbeitslosenentschädigung; Beschwerdeführers; Quot; Geschäft; Stellung; Betrieb; Ehefrau; Arbeitgeber; Zwischenverdienst; Stunden; Einsprache; Erwerbstätigkeit; Tatsachen; Anspruchsberechtigung; Arbeitslosenversicherung; ändig
Rechtsnorm: Art. 105 AVIG;Art. 13 AVIG;Art. 15 AVIG;Art. 31 AVIG;Art. 43 ATSG ;Art. 53 ATSG ;Art. 8 AVIG;
Referenz BGE:120 V 385; 123 V 214; 123 V 234;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AVI 2009/44

Vizepräsidentin Marie-Theres Rüegg Haltinner, Versicherungsrichterinnen Marie Löhrer und Lisbeth Mattle Frei; Gerichtsschreiber Adrian Rothenberger

Entscheid vom 31. Mai 2010

in Sachen

G. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Armin Eugster, Rorschacher Strasse 107, 9000 St. Gallen,

gegen

Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen,

Beschwerdegegner,

betreffend

Arbeitslosenentschädigung (Vermittlungsfähigkeit, arbeitgeberähnliche Stellung) Sachverhalt:

A.

    1. Der 1963 geborene G. stellte per 1. Februar 2002 erneut Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. Er gab an, vom 1. November 2000 bis 31. Januar 2002 bei seiner Ehefrau, FG. , angestellt gewesen zu sein. Dieses Arbeitsverhältnis habe die Ehefrau aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt. In der Arbeitgeberbescheinigung vom

      8. Februar 2002 bestätigte die Ehefrau als Inhaberin der Einzelfirma

      "A. " (nachfolgend A. ), dass sie G. vom 1. November 2000 bis 31. Dezember 2001 als Leiter der chemischen Reinigung zu einem Bruttolohn von Fr. 5'500.-- zuzüglich 13. Monatslohn angestellt habe. Die Lohnzahlung sei bis am 30. September 2001 erfolgt. Nachdem der Versicherte bzw. seine Ehefrau gegenüber der Arbeitslosenkasse keinen Lohnfluss belegen konnten, verneinte die Kantonale Arbeitslosenkasse mit Verfügung vom 27. September 2002 die Anspruchsberechtigung des Versicherten ab 1. Februar 2002 und forderte bereits bezogene Taggelder von

      Fr. 5'452.80 netto zurück. Die gegen diese Verfügung gerichtete Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Urteil vom 4. Juni 2003 ab (act. G3.1/ A1). Dieses Urteil blieb unangefochten.

    2. Am 1. März 2005 meldete sich G. ein weiteres Mal bei der Arbeitslosenversicherung und beantragte Arbeitslosenentschädigung ab 1. März 2005. Er gab an, eine unselbständige Erwerbstätigkeit im Umfang von einhundert Stellenprozent zu suchen. Hinsichtlich seiner bisherigen Erwerbstätigkeit teilte der Versicherte mit, er sei vom 21. Januar 2005 an als Geschäftsführer des Lebensmittelgeschäfts B. tätig gewesen, bis ihm diese Stelle zufolge Geschäftsauflösung per 28. Februar 2005 fristlos gekündigt worden sei. Zuvor habe er

      vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 bei der A. gearbeitet (act. G 3.1/C127). Die A. bescheinigte am 17. März 2005, den Versicherten als "Leiter Chemischreiniger" vom 1. Juni 2003 bis 31. Dezember 2004 zu einem Monatslohn von Fr. 5'500.-- beschäftigt zu haben. Der Versicherte habe die Stelle wegen eines Arbeitswechsels aufgegeben (act. G 3.1/C121). Anhand von Bankunterlagen erachtete die Kantonale Arbeitslosenkasse einen Lohnfluss für nachgewiesen bzw. die Beitragszeit für erfüllt und eröffnete dem Versicherten eine neue Rahmenfrist für den Leistungsbezug von 1. März 2005 bis 28. Februar 2007 (vgl. act. G 3.1/C81).

    3. Im Anschluss an die Anmeldung zum Leistungsbezug arbeitete der Versicherte ab

      1. April 2005 erneut bei der A. im Zwischenverdienst (act. G 3.1/C140), bis er sich schliesslich im Hinblick auf die Aufnahme einer die Arbeitslosigkeit beendenden Erwerbstätigkeit bei der A. per 1. Juli 2006 vom Bezug von Taggeldern der Arbeitslosenversicherung abmeldete (act. G 3.1/C141). In der von der Kantonalen Arbeitslosenkasse eröffneten Rahmenfrist vom 1. März 2005 bis 28. Februar 2007 bezog der Versicherte bei einem versicherten Verdienst von Fr. 5'500.-- insgesamt Fr. 59'689.85 brutto an Taggeldleistungen (act. G 3.1/D2.29).

    4. Mit Formular vom 24. April 2007 meldete sich der Versicherte erneut zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung ab 19. April 2007 an. Er gab an, vom

      1. Juli 2006 bis 30. April 2007 als Geschäftsleiter, Reiniger und Mechaniker bei der

        1. gearbeitet und dafür ein monatliches Bruttoerwerbseinkommen von Fr. 5'300.00 (zuzüglich 13. Monatslohn) erzielt zu haben. Der Grund für die von Seiten der A. unter Einhaltung der Kündigungsfrist ausgesprochenen Kündigung liege darin, dass letztere aufgrund eines (erneuten) Brandanschlages gezwungen gewesen sei, das Geschäft zu schliessen (act. G1/1.1 und 1.2).

    5. Mit Verfügung vom 17. August 2007 stellte das Amt für Arbeit die Vermittlungsfähigkeit des Versicherten für die Zeit vom 1. März 2005 bis 30. Juni 2006 fest. Es stellte sich zwar auf den Standpunkt, dass sich aus den gesamten Umständen, insbesondere im Hinblick auf die unregelmässigen Arbeitseinsätze des Versicherten, der Schluss aufdränge, dass letzterer während den üblichen Arbeitszeiten nicht vermittlungsbereit gewesen sei, räumte aber ein, es könne aufgrund des gesamten Verhaltens der Personalberatung nicht ausgeschlossen werden, dass der Versicherte

      davon ausgegangen sei, seine Beschäftigung im Familienbetrieb ohne Folgen über die Arbeitslosenversicherung abrechnen zu können. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei die Vermittlungsfähigkeit des Versicherten deshalb trotzdem zu bejahen (act. G 3.1/ C130). Diese Verfügung erwuchs in Rechtskraft.

    6. Mit Schreiben vom 9. Januar 2008 stellte das Amt für Arbeit dem Versicherten in Aussicht, den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab Anspruchsstellung bzw. ab 1. Mai 2007 abzulehnen, und forderte ihn zur Stellungnahme auf. Zur Begründung stellte sich das Amt für Arbeit auf den Standpunkt, dass dem Versicherten die Vermittlungsfähigkeit abzusprechen sei. So habe er am 11. Juli 2007 einen Stellenantritt vereitelt, ein ab 20. August 2007 verfügtes Einsatzprogramm am

      29. August 2007 infolge Krankheit abgebrochen und sich vom 4. September 2007

      [recte: 5. September 2007] bis 7. November 2007 in Untersuchungshaft befunden. Am

      22. November 2007 habe der Versicherte angegeben, sich im bisher ausgeführten Textilreinigungsgewerbe selbständig machen und dazu eine Wäscherei in der C. anmieten zu wollen, und habe deshalb die Teilnahme an arbeitsmarktlichen Massnahmen abgelehnt mit der Begründung, er sei damit beschäftigt, Maschinen anzuschaffen und hätte ausserdem noch Termine mit einem Architekten. Gleichzeitig sei der Anspruch des Versicherten auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung in analoger Anwendung von Art. 31 Abs. 3 lit. b AVIG aber auch zu verneinen, weil letzterer im Betrieb seiner Ehefrau mitarbeite (act. G 3.2/A50).

    7. Gleichentags, am 9. Januar 2008, ersuchte das Amt für Arbeit das Untersuchungsamt Gossau um Rechtshilfe zur Klärung der Frage, "welche Stellung Herr und Frau G. in der A. seit dem Jahr 2005 wirtschaftlich innehatten, über welche Entscheidbefugnisse sie je verfügten, welche Präsenzzeiten bekannt sind und welche Aufgaben jeweils von den beiden Ehegatten erfüllt wurden." Ebenfalls von Interesse sei zudem, ob in den Einvernahmen Aktivitäten besagter Personen in anderen Geschäftszweigen erwähnt worden seien (act. G 3.2/A51). Gegen dieses Rechtshilfebegehren erhob der Rechtsvertreter des Versicherten, Rechtsanwalt Armin Eugster, mit Schreiben vom 16. Januar 2008 ausdrücklich keine Einwendungen (act.

      G 3.2/A52).

    8. In Erledigung dieses Gesuchs stellte das Untersuchungsamt Gossau dem Amt für Arbeit am 14. April 2008 einen Amtsbericht der Kantonspolizei St. Gallen und Kopien der einschlägigen Dokumente aus dem Strafverfahren zu (act. G 3.2/A66-69 und act. G 3.2/D1-2).

    9. Mit Stellungnahme vom 16. Juni 2008 äusserte sich der Rechtsvertreter des Versicherten zum Schreiben des Amtes für Arbeit vom 9. Januar 2008 dahingehend, dass für die Zeit von Mai bis Juni 2007 keine Beanstandungen hinsichtlich der Vermittlungsfähigkeit und Verfügbarkeit des Versicherten aktenkundig seien. Weiter habe der Versicherte im Juli 2007 nicht einen Stellenantritt vereitelt. Der Versicherte habe dem Arbeitgeber, der ihm eine Festanstellung angeboten habe, lediglich erklärt, die Stelle zufolge unmittelbar bevorstehender Ferienabwesenheit erst eine Woche später antreten zu können. Im August 2007 habe der Versicherte das Einsatzprogramm zufolge Krankheit abbrechen müssen, weshalb die Vermittlungsfähigkeit auch für die Monate Juli und August 2007 gegeben sei. Für die an die Untersuchungshaft anschliessenden Monate November 2007 bis Januar 2008 seien keine Beanstandungen geltend gemacht worden. Hinsichtlich des letzten Einsatzprogrammes sei es tatsächlich so, dass der Versicherte sich gegenüber dem Verantwortlichen des Programms dahingehend geäussert habe, dass zufolge Vorbereitung auf die selbständige Tätigkeit kurzfristige Abwesenheiten möglich bzw. notwendig seien. In der Folge sei dann aber die Teilnahme des Versicherten abgelehnt worden. Ab 1. März 2008 führe der Versicherte die Reinigung in der C. als Selbständigerwerbender ohne Angestellte (act. G 3.2/A73).

    10. Mit Schreiben vom 18. September 2008 gelangte das Amt für Arbeit erneut an den Rechtsvertreter des Versicherten, legte diesem die Ergebnisse der durchgeführten Abklärungen vor und forderte ihn erneut zur Stellungnahme auf (act. G 3.2/B16). Der Rechtsvertreter des Versicherten nahm mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 erneut Stellung, rügte dabei die Vorgehensweise des Amtes für Arbeit und stellte sich auf den Standpunkt, dass dem Versicherten von Seiten des Amtes für Arbeit ein Entscheid bis Mitte Juli 2008 in Aussicht gestellt worden sei; stattdessen würden nun erneut angeblich neue Erkenntnisse referiert und nicht belegte und nicht begründete Abklärungen bei Dritten angeführt, nur um neue Auskünfte einzufordern (act. G 3.2/ A76).

    11. Mit Verfügung vom 23. Dezember 2008 sprach das Amt für Arbeit dem Versicherten die Vermittlungsfähigkeit für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 30. Juni 2006 und ab erneuter Antragstellung ab 1. Mai 2007 ab. Zusätzlich verneinte es die Anspruchsberechtigung des Versicherten für die Zeit ab 1. Mai 2007 zufolge arbeitgeberähnlicher Stellung (act. G 3.2/A79).

  1. Die fehlende Vermittlungsfähigkeit des Versicherten für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 30. Juni 2006 begründete das Amt für Arbeit damit, dass FG. ab 1. Oktober 2005 nicht mehr in der A. , sondern ausschliesslich in ihrem neu eröffneten Nähatelier gearbeitet habe. Dies gehe aus den rechtshilfeweise eingeholten Untersuchungsakten hervor. Ab 1. Oktober 2005 habe der Versicherte deshalb immer dann in der A. gearbeitet, wenn die im Umfang von fünfzig Stellenprozent beschäftigte Teilzeitangestellte I. nicht gearbeitet habe. Da die von der Vermieterin vorgegebenen Öffnungszeiten [von insgesamt 58 Stunden pro Woche] einzuhalten gewesen seien, resultiere daraus eine Präsenzpflicht des Versicherten von rund 40 Stunden [pro Woche]. Addiere man dazu einen geschätzten Zeitaufwand für das

    Einholen der Kleider in den vom Versicherten in der Befragung vom 27. Dezember 2005 genannten Depotstellen, so erhöhe sich die wöchentliche Arbeitsdauer um bis zu 10 Stunden. Eine Mitarbeit der Söhne – wie von der Ehefrau des Versicherten vorgebracht

    • habe nach Aussage von I. nie stattgefunden. Daneben habe der Versicherte sich auch noch in der Immobilienverwaltung betätigt und ein Coiffeurstudio in D. , später in E. geführt. Da sowohl die Immobilienverwaltung als auch das Coiffeurstudio als Unternehmensteile der A. zu qualifizieren seien, stelle die Zeit, die der Versicherte dafür aufgewendet habe, ebenfalls Arbeitszeit dar. Neben der Vermittlungsunfähigkeit läge somit auch überhaupt kein anrechenbarer Arbeitsausfall vor.

      Am 26. Januar 2006 habe die Ehefrau des Versicherten einen Unfall erlitten, der ihre Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt habe. Ab diesem Zeitpunkt habe der Versicherte in der A. als "100-Prozent Angestellter" gearbeitet, was sowohl die Ehefrau des Versicherten als auch der Versicherte selbst in der Befragung vom 22. Januar 2008 bestätigt hätten. Die Zwischenverdienstbescheinigungen für die Kontrollperioden Januar bis Juni 2006 könnten demzufolge nicht der Wahrheit entsprechen. Vielmehr sei der Versicherte hauptsächlich in der A. beschäftigt gewesen und habe die Geschäfte geführt. Eine Revision der in Rechtskraft erwachsenen Verfügung vom

      17. August 2007, in der die Vermittlungsfähigkeit des Versicherten für die Zeit ab Antragsstellung per 1. März 2005 bejaht wurde, sei nach Art. 53 des Bundesgesetzes über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) zulässig, da die eben geschilderten Untersuchungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden neue Tatsachen im Sinne dieser Bestimmung darstellten.

  2. Zur fehlenden Vermittlungsfähigkeit des Versicherten ab 1. Mai 2007 äusserte sich das Amt für Arbeit dahingehend, dass der Versicherte auch ab diesem Zeitpunkt im Geschäft der Ehefrau gearbeitet habe und demnach nicht in der Lage gewesen sei, seine Arbeitskraft einem anderen Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen. Dafür spreche auch die Stellenvereitelung im August 2008 [recte: Juli 2007]. Während der Haft vom

5. September 2007 bis 7. November 2007 sei die Vermittlungsfähigkeit ebenfalls nicht gegeben. Nach der Haftentlassung habe der Versicherte anlässlich einer Besprechung am 27. November 2007 angegeben, mit dem Aufbau der selbständigen Erwerbstätigkeit beschäftigt zu sein und demzufolge Einsatzprogrammen nicht mehr zur Verfügung stehen zu wollen. Der Versicherte sei deshalb auch nach der Haftentlassung nicht vermittlungsfähig gewesen.

c) Zusätzlich stellte sich das Amt für Arbeit auf den Standpunkt, dass die Anspruchsberechtigung des Versicherten für die Zeit ab 1. Mai 2007 bereits aufgrund dessen arbeitgeberähnlicher Stellung verneint werden müsse. Gemäss Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG seien Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell am Betrieb Beteiligte als Mitglieder eines obersten betrieblichen Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen massgeblich beeinflussen könnten sowie deren mitarbeitende Ehegatten vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung ausgeschlossen. Diese Bestimmung diene der

Vermeidung von Missbräuchen und gelte nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in BGE 123 V 234 ff. auch im Bereich der Arbeitslosenentschädigung nach Art. 8 ff. AVIG.

Im vorliegenden Fall sei der Versicherte seit 1997 als Geschäftsführer in der A. tätig gewesen, habe am 28. Februar 2008 die Jahresrechnung 2007 zu Handen der Ausgleichskasse St. Gallen ausgefüllt und am 20. Juni 2007 seine (ehemalige) Teilzeitmitarbeiterin I. angewiesen, Jacken zu bügeln. Damit sei erstellt, dass sich

der Versicherte auch in der Nachfolgefirma der A. , der F. (nachfolgend: F. ) mit dem Reinigen von Kleidern befasst habe. Bei einem Gespräch mit der Sachbearbeiterin im RAV St. Gallen am 27. November 2007 habe der Versicherte zudem sich selbst als Inhaber der F. bezeichnet. Am 17. Dezember 2007 sowie am

29. Januar 2008 seien Herr und Frau G. zudem erstmals gemeinsam als Betriebsinhaber aufgetreten. Dies alles lasse auf eine arbeitgeberähnliche Stellung des Versicherten schliessen, die den Versicherten vom Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung ausschliesse.

B.

    1. Gegen die Verfügung des Amtes für Arbeit vom 23. Dezember 2008 erhob Rechtsanwalt Armin Eugster am 23. Januar 2009 für den Versicherten Einsprache und beantragte deren Aufhebung und die Feststellung der Vermittlungsfähigkeit und Anspruchsberechtigung des Versicherten für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 30. Juni 2006 und ab 1. Mai 2007 unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zur Begründung führte er an, es lägen – entgegen der Ansicht des Amtes für Arbeit – keine erheblichen neuen Tatsachen vor, die eine Revision der Verfügung vom 17. August 2007 rechtfertigen würden. So entspreche es nicht den Tatsachen, dass lediglich I. und der Versicherte in der A. gearbeitet hätten. Vielmehr habe auch die Ehefrau des Versicherten - dies selbst nach dem Unfall von Ende Januar 2006 - in der A. gearbeitet. Lediglich in den Monaten Februar bis April 2006 sei FG. zufolge Unfalls zu 100% arbeitsunfähig gewesen. Ausserdem habe der jüngste Sohn des Ehepaars

      G. ab Januar 2006 bis Ende Juni 2006 im Geschäft mitgearbeitet, weil er kurz davor von der Schule habe genommen werden müssen. Darauf habe denn auch FG. in der Befragung vom 22. Januar 2008 ausdrücklich hingewiesen. Zudem fehle eine Begründung, weshalb das Nähatelier an der H. und der Coiffeur G. der A. zuzurechnen seien. Falsch und tatsachenwidrig sei schliesslich die Behauptung, der Versicherte sei auch nach der Schliessung der A. und während dem Betrieb der

      F. mit dem Reinigen von Kleidern beschäftigt gewesen. Die Tatsache, dass I. im Auftrag des Versicherten zwei Jacken gebügelt habe, bestätige in keiner Weise dessen Arbeitgeber- bzw. Geschäftsführer-Tätigkeit. Dass Herr und Frau G. gemeinsam als Betriebsinhaber der F. aufgetreten seien, sei nicht aktenkundig, sondern eine blosse Behauptung und Spekulation der Behörden. Die Mitunterzeichnung des Mietvertrags

      vom 17. Oktober 2007 sei lediglich auf Veranlassung des RAV und ausschliesslich im Hinblick auf die selbständige Tätigkeit des Versicherten ab 1. März 2008 erfolgt (act. G 3.2/A81).

    2. Mit Entscheid vom 31. März 2009 wies das Amt für Arbeit die Einsprache vom

23. Januar 2009 ab. Die Begründung entsprach im Wesentlichen derjenigen in der Verfügung vom 23. Dezember 2008 (act. G 3.2/A83).

C.

    1. Gegen diesen Einspracheentscheid des Amtes für Arbeit vom 31. März 2009 gelangt Rechtsanwalt Armin Eugster am 15. Mai 2009 für G. mit Beschwerde ans Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und beantragt, es sei der Einspracheentscheid vom 31. März 2009 aufzuheben, die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 30. Juni 2006 (und damit die rechtskräftige Verfügung vom 17. August 2007) zu bestätigen sowie die Vermittlungsfähigkeit und die Anspruchsberechtigung des Beschwerdeführers ab

      1. Mai 2007 festzustellen; das Ganze unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Die Begründung entspricht im Wesentlichen derjenigen der Einsprache, weist aber zusätzlich darauf hin, dass der Beschwerdeführer ab Mai 2007 an den Dispositionen seiner Arbeitgeberin, der F. , in keiner Weise beteiligt gewesen sei und er damit keine "arbeitgeberähnliche" Stellung inne gehabt habe. Der Beschwerdeführer sei nach seinem Ausscheiden aus der A. im neuen Betrieb der Ehegattin nicht tätig gewesen und habe sich ausserdem zu keinem Zeitpunkt als Inhaber der F. ausgegeben. Die vorliegende Konstellation sei nicht vergleichbar mit derjenigen in BGE 123 V 234 ff. So habe die Beschwerdegegnerin weder in der Verfügung vom 23. Dezember 2008 noch im Einspracheentscheid vom 31. März 2009 begründet dargetan, dass der Beschwerdeführer sich bei der F. habe anstellen lassen auch nur die Entscheide der Ehefrau als Inhaberin der F. "bestimmte massgeblich beeinflusste" (act. G1).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 18. Juni 2009 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde und verweist im Übrigen vollumfänglich auf die in der Verfügung vom 23. Dezember 2008 und im Einspracheentscheid vom 31. März 2009

enthaltene Sachverhaltsdarstellung und die darin vorgenommene rechtliche Würdigung (act. G3).

Erwägungen:

1.

    1. Vorab zu klären ist, ob die Voraussetzungen für ein Rückkommen auf die in Rechtskraft erwachsene Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 17. August 2007 im vorliegenden Fall erfüllt sind und ob eine materielle Überprüfung der Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 30. Juni 2006 in der Folge überhaupt zulässig ist. Beide Parteien sehen die dafür einschlägige Rechtsgrundlage in Art. 53 Abs. 1 ATSG, wonach formell rechtskräftige Verfügungen und Einspracheentscheide in Revision gezogen werden müssen, wenn die versicherte Person der Versicherungsträger nach deren Erlass erhebliche neue Tatsachen entdeckt Beweismittel auffindet, deren Beibringung zuvor nicht möglich war. Streitig ist, ob es sich bei den Abklärungsergebnissen des Untersuchungsamtes – wie von der Beschwerdegegnerin vorgebracht – um erhebliche neue Tatsachen handelt nicht.

    2. Neu und erheblich ist eine Tatsache, wenn sie zur Zeit der Erstbeurteilung zwar bereits bestanden hat, der sich darauf berufenden Partei aber unverschuldeterweise nicht bekannt war unbewiesen geblieben ist und wenn davon ausgegangen werden muss, dass der ursprüngliche Entscheid bei Kenntnis der entsprechenden Tatsache anders ausgefallen wäre (vgl. BGE 8C_93/2007 E. 2.2; 108 V 167 E. 2b mit Hinweisen; Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl., Zürich 2009, N 13 zu Art. 53 ATSG). Vorliegend ist demnach in einem ersten Schritt zu prüfen, ob die Ermittlungsergebnisse der Strafverfolgungsbehörden der Beschwerdegegnerin tatsächlich neue Tatsachen im Sinn von Art. 53 Abs. 1 ATSG zur Kenntnis brachten und ob die Beschwerdegegnerin mutmasslich anders entschieden hätte, wenn ihr die besagten Tatsachen bereits im Zeitpunkt der Entscheidfällung bekannt gewesen wären. Sind die von der Beschwerdegegnerin angerufenen Sachverhaltselemente als erhebliche neue Tatsachen zu qualifizieren, ist in einem zweiten Schritt danach zu fragen, ob die

entsprechenden Tatsachen der Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Entscheidfällung

am 17. August 2007 unverschuldeterweise nicht bekannt waren. 1.3

1.3.1 Die Beschwerdegegnerin stellt sich in der Verfügung vom 23. Dezember 2008 und im angefochtenen Einspracheentscheid sinngemäss auf den Standpunkt, dass ihr erst durch die rechtshilfeweise eingeforderten Akten der Strafuntersuchungsbehörden bekannt geworden sei, dass FG. ab 1. Oktober 2005 nicht mehr in der A. gearbeitet habe und der Beschwerdeführer daher in der Folgezeit deutlich mehr in der A. gearbeitet haben musste, als in den Zwischenverdienstausweisen deklariert

worden war. Von dem Unfall von FG. vom 26. Januar 2006 und dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in den Folgemonaten zu 100% in der A. gearbeitet habe, habe sie ebenfalls erst durch die Protokolle der Einvernahmen von FG. und dem Beschwerdeführer erfahren. Dagegen wendet der Beschwerdeführer sinngemäss ein, die von der Beschwerdegegnerin als neue Tatsachen bezeichneten Sachverhaltselemente seien aufgrund einer Würdigung vereinzelter Aussagen konstruiert worden und demnach reine Behauptungen.

1.3.2 In den Zwischenverdienstausweisen der A. wurde folgende Zwischenverdiensttätigkeit des Beschwerdeführers angegeben: 32 Stunden im Oktober 2005, 80 Stunden im November 2005, 72 Stunden im Dezember 2005, 76 Stunden im

Januar 2006, 12 Stunden im Februar 2006, 31,5 Stunden im März 2006, 76 Stunden im

April 2006, 36 Stunden im Mai 2006 und 24 Stunden im Juni 2006 (act. G 3.2/C48, C50, C52, C56, C58, C60, C62, C65 und C68). Aufgrund dieser Arbeitszeitangaben wurde der Zwischenverdienst ermittelt, welcher in der Berechnung der Arbeitslosenentschädigung berücksichtigt wurde. Die genannten Arbeitszeitangaben lagen auch der Verfügung vom 17. August 2007 zugrunde, in welcher der Beschwerdegegner von einer Tätigkeit ausging, die als Zwischenverdienst abgerechnet werden könne. Demgegenüber bestätigte der Beschwerdeführer in der polizeilichen Befragung vom 22. Januar 2008, die A. geleitet und durchschnittlich 8,5 Stunden pro Tag gearbeitet zu haben. Nach dem Unfall habe seine Frau nicht mehr gearbeitet. Von da an habe er ihre Arbeit übernommen (act. G 3.2/D1 S. 2f.). Auch FG. bestätigte in der gleichentags erfolgten polizeilichen Befragung, dass der

Beschwerdeführer nach ihrem Unfall "als 100% Angestellter" in der A. gearbeitet habe (act. G 3.2/D1 S.13). In Übereinstimmung mit der Beschwerdegegnerin kann deshalb als erstellt gelten, dass der Beschwerdeführer in der Zeit nach dem Unfall von FG. Ende Januar 2006 bis Ende Juni 2006 eine volle Erwerbstätigkeit in der A. ausübte. Auch die vom Beschwerdeführer für die Zeit von Oktober 2005 bis Januar 2006 deklarierte Zwischenverdiensttätigkeit in der A. kann aufgrund der gesamten Umstände nicht mit seiner tatsächlichen Arbeitsleistung übereinstimmen. So betrieb FG. nach eigenen Aussagen ab 1. November 2005 (Anmiete per 1. Oktober 2005) jeweils nachmittags am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von ca. 13.30 bis

17.30 Uhr ihr neu eröffnetes Nähatelier (Befragung vom 22. Januar 2008, S. 2). Frau I. , nach Aussage von FG. im hier interessierenden Zeitraum die einzige Mitarbeiterin der A. , sagte in der polizeilichen Befragung vom 26. Dezember 2005 und damit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum zu beurteilenden Zeitraum aus, mit einem 50%-Pensum bei der A. angestellt gewesen zu sein. Sie arbeite fast ausschliesslich mit dem Chef. Seine Frau sei selten da, da sie im anderen Geschäft arbeite (S. 3). Sie selbst (I. ) arbeite normalerweise immer nur am Vormittag (S. 6).

Arbeitete I. im vorliegend zu beurteilenden Zeitraum gewöhnlich nur vormittags zusammen mit dem Beschwerdeführer und war die Ehefrau des Beschwerdeführers an vier Nachmittagen in der Woche im Nähatelier in St. Gallen beschäftigt, folgt daraus, dass der Beschwerdeführer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch von Oktober 2005 bis Januar 2006 mit einem deutlich höheren als dem deklarierten Pensum in der A. gearbeitet hat.

      1. Der erhöhte Beschäftigungsgrad des Beschwerdeführers in der A. während den Monaten Oktober 2005 bis Juni 2006 war der Beschwerdegegnerin im Zeitpunkt der Entscheidfällung am 17. August 2007 offensichtlich unbekannt. Erheblich ist die neue Tatsache ebenfalls, ist doch ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Beschwerdegegnerin die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers für die entsprechende Zeit bereits im ursprünglichen Entscheid abgelehnt hätte, wenn sie um das tatsächliche Ausmass seiner Erwerbstätigkeit in der A. gewusst hätte.

      2. Es stellt sich deshalb abschliessend die Frage, ob die Beschwerdegegnerin unverschuldet keine Kenntnis von der vollen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers in der A. in der fraglichen Zeit hatte.

        Nach dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Untersuchungsgrundsatz hat der Versicherungsträger – unter Vorbehalt der Mitwirkungspflicht der Parteien – aus eigener Initiative den für das Verfahren notwendigen und erheblichen Sachverhalt zu erstellen, die rechtlich relevanten Umstände abzuklären, darüber ordnungsgemäss Beweis zu führen und das Ergebnis des Beweisverfahrens pflichtgemäss zu würdigen (vgl. Art. 43 Abs. 1 ATSG). Ob ein Versicherungsträger seine Unkenntnis in Bezug auf eine bereits im Zeitpunkt der Entscheidfällung bestehende rechtserhebliche Tatsache verschuldet nicht, muss sich demzufolge danach bestimmen, ob diese Unkenntnis Folge einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes ist und – falls eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vorliegt – ob der Versicherungsträger bei korrekter Wahrnehmung seiner Untersuchungspflichten Kenntnis der besagten Tatsache hätte haben können.

        Zur Bestimmung des zeitlichen Umfangs der von einer versicherten Person ausgeübten Zwischenverdiensttätigkeit ist die Arbeitslosenversicherung regelmässig auf die vom Arbeitgeber der versicherten Person eingereichten Zwischenverdienstbescheinigungen angewiesen. Dabei darf sich die Arbeitslosenversicherung grundsätzlich auf die vom Arbeitgeber der versicherten Person gemachten Angaben verlassen, zumal die Ausstellung einer falschen Zwischenverdienstbescheinigung regelmässig eine strafbare Handlung im Sinne von Art. 105 f. AVIG darstellt (vgl. Gerhard Gerhards, Kommentar zum Arbeitslosenversicherungsgesetz, Bd. II, Bern 1987, N 15 zu Art. 105-106 AVIG mit Kasuistik und N 23 zu Art. 105-106 AVIG). Eine Ausnahme müsste wohl dann angenommen werden, wenn die Unrichtigkeit der Zwischenverdienstbescheinigungen ohne Weiteres erkennbar ist, was im vorliegenden Fall aber nicht der Fall war. Die Unkenntnis der vollen Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers war demnach nicht Folge einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und damit von der Beschwerdegegnerin unverschuldet.

      3. Zusammenfassend stellt das erhöhte bzw. volle Arbeitspensum des Beschwerdeführers in der Zeit von Oktober 2005 bis Ende Juni 2006 eine erhebliche neue Tatsache dar, deren Unkenntnis die Beschwerdegegnerin nicht verschuldet hat. Letztere handelte demnach gesetzeskonform, indem sie auf die Verfügung vom

17. August 2007 revisionsweise zurückkam. Daran ändert nichts, dass die Beschwerdegegnerin bereits in der Verfügung vom 17. August 2007 eigentlich die

Vermittlungsunfähigkeit des Versicherten annahm und die Vermittlungsfähigkeit lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes bejahte, bildete der (falsch deklarierte) Umfang der Zwischenverdiensttätigkeit des Beschwerdeführers doch eine wesentliche Grundlage für den Entscheid über die Gewährung des Vertrauensschutzes. Nachfolgend ist deshalb zu prüfen, ob der Beschwerdeführer in der Zeit von 1. Oktober 2005 bis 30. Juni 2006 im Sinne der Verfügung vom 17. August 2007 vermittlungsfähig gewesen ist ob ihm die Vermittlungsfähigkeit aufgrund seiner erhöhten Arbeitsleistung in der A. abgesprochen werden muss.

1.4

1.4.1 Vermittlungsfähigkeit ist nach Art. 15 Abs. 1 AVIG gegeben, wenn die arbeitslose Person bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Zur Vermittlungsfähigkeit gehört demnach nicht nur die Arbeitsfähigkeit im objektiven Sinn, sondern subjektiv auch die Bereitschaft, die Arbeitskraft entsprechend den persönlichen Verhältnissen während der üblichen Arbeitszeit einzusetzen (BGE 123 V 214 E. 3 mit Hinweis). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Vermittlungsfähigkeit einer versicherten Person unter anderem dann nicht gegeben, wenn sie aus persönlichen familiären Gründen ihre Arbeitskraft nicht so einsetzen kann will, wie es ein Arbeitgeber normalerweise verlangt. Sind einer versicherten Person bei der Auswahl des Arbeitsplatzes so enge Grenzen gesetzt, dass das Finden einer Stelle sehr ungewiss ist, muss ebenfalls Vermittlungsunfähigkeit angenommen werden. Der Grund für die Einschränkung spielt dabei keine Rolle (BGE 120 V 385 E. 3a). Eine versicherte Person ist zudem auch dann nicht vermittlungsfähig, wenn sie ihre Arbeitsleistung auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stellen kann, weil sie tatsächlich rechtlich gebunden ist. Indessen liegt dann keine rechtlich relevante Bindung vor, wenn die versicherte Person bereit und in der Lage ist, ihre Aufgabe, die sie durchaus bindet, jederzeit abzubrechen (vgl. Gerhard Gerhards, a.a.O., N 38 ff. zu Art. 15 AVIG). Für die Vermittlungsfähigkeit in subjektiver Hinsicht massgebend ist der Wille der versicherten Person, vermittelte Arbeit anzunehmen und sich persönlich um Arbeit zu bemühen. Die reine Willenserklärung genügt dazu jedoch nicht (Gerhards, a.a.O., N 16 zu Art. 15 AVIG). Vielmehr wird von der versicherten Person ein Tun verlangt, das einen erkennbaren Willen zum Ausdruck bringt, ihren Äusserungen entsprechend zu handeln.

Ist im vorliegenden Fall mit dem Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt, dass der Beschwerdeführer von Oktober 2005 bis Ende Juni 2006 in der A. eine volle bzw. annähernd volle Erwerbstätigkeit ausübte, steht ebenso fest, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, eine zumutbare Arbeit anzunehmen an arbeitmarktlichen Massnahmen teilzunehmen. Der Beschwerdegegner hat demnach zu Recht in Revision der Verfügung vom 17. August 2007 die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers für die Zeit von Oktober 2005 bis Juni 2006 verneint.

Unter diesen Umständen kann offen gelassen, ob - wie der Beschwerdegegner im angefochtenen Einspracheentscheid annimmt - auch die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung der Verfügung vom 17. August 2007 erfüllt sind. So ist ein Zurückkommen auf formell rechtskräftige Verfügungen Entscheide auch möglich, wenn diese zweifellos unrichtig sind und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist (Art. 53 Abs. 2 ATSG).

2.

Zwischen den Parteien streitig ist auch der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosenentschädigung in der Zeit ab 1. Mai 2007. So stellt sich die Beschwerdegegnerin einerseits auf den Standpunkt, dass eine Anspruchsberechtigung bereits wegen einer arbeitgeberähnlichen Stellung des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG ausgeschlossen sei. Zusätzlich bestreitet sie auch die Vermittlungsfähigkeit des Beschwerdeführers für besagte Zeit. Zuerst zu klären sein wird aber die von Seiten der Beschwerdegegnerin nicht aufgegriffene Frage, ob der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als mitarbeitender Ehegatte der Arbeitgeberin überhaupt Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung hat (vgl. Art. 31 Abs. 3 lit. b AVIG).

3.

In BGE 123 V 234 ff. und seither in mehreren Entscheiden hat das Eidgenössische Versicherungsgericht (heute: Bundesgericht) entschieden, dass Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG, wonach arbeitgeberähnliche Personen und deren mitarbeitende Ehegatten vom Bezug von Kurzarbeitsentschädigung ausgeschlossen sind, grundsätzlich auch im Bereich der Arbeitslosenentschädigung nach Art. 8 ff. AVIG Anwendung findet (vgl.

SZS 2004 S. 7). So sei eine Person mit arbeitgeberähnlicher Stellung nur dann zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung berechtigt, wenn sie aus dem Betrieb definitiv ausscheide, sei dies, weil der Betrieb definitiv geschlossen werde, sei dies, weil sie – obwohl der Betrieb weitergeführt werde – mit der Kündigung endgültig auch jene Eigenschaft verliere, derentwegen sie auf Grund von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG vom Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung ausgenommen wäre. Dabei zu beachten ist, dass eine vorübergehende Stilllegung eines Betriebes keine definitive Schliessung im eben genannten Sinne darstellt (BGE 123 V 234 E. 7b/bb). Behalte die Person nach der Entlassung hingegen ihre arbeitgeberähnliche Stellung im Betrieb und könne sie dadurch die Entscheidungen des Arbeitgebers weiterhin bestimmen massgeblich beeinflussen, bestehe kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist der Umstand, dass arbeitgeberähnliche Personen – hätten sie in einer solchen Konstellation Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung – ihren fehlenden Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung durch eine selbst bewirkte Kündigung des Arbeitsverhältnisses, einen anschliessenden Bezug von Arbeitslosenentschädigung und einer späteren – wiederum selbst in die Wege geleiteten – Wiederaufnahme der unselbständigen Tätigkeit in derselben Unternehmung ohne Weiteres zu umgehen vermöchten. Analog gilt dies auch für den mitarbeitenden Ehegatten einer Person mit arbeitgeberähnlichen Stellung, stünde es der arbeitgeberähnlichen Person doch auch hier frei, ihren Ehegatten zu entlassen mit dem klaren Vorsatz, ihn später wieder einzustellen. Könnte der Ehegatte in der Zwischenzeit Arbeitslosenentschädigung beziehen, wäre einer Umgehung von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG Tür und Tor geöffnet.

    1. Gemäss Art. 31 Abs. 3 lit. b AVIG hat auch der mitarbeitende Ehegatte des Arbeitgebers keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung. Diese Bestimmung dient

      • genau wie Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG – der Verhinderung von Missbräuchen (Selbstausstellung von für Kurzarbeitsentschädigung notwendigen Bescheinigungen, Gefälligkeitsbescheinigungen, Unkontrollierbarkeit des tatsächlichen Arbeitsausfalls, Mitbestimmung Mitverantwortung bei der Einführung von Kurzarbeit u.ä.; vgl. dazu Gerhard Gerhards, a.a.O., N 36 und 43 zu Art. 31 AVIG sowie die Botschaft des Bundesrates in BBl 1980 III 531 und 591). Im Hinblick auf die eben erläuterten Hintergründe der mit BGE 123 V 234 ff. begründeten und seitdem in zahlreichen Entscheiden bestätigten, höchstrichterlichen Rechtsprechung ist klar, dass auch

      Art. 31 Abs. 3 lit. b AVIG im Bereich der Arbeitslosenentschädigung analog Anwendung finden muss (vgl. auch das Bundesgerichtsurteil vom 24. Dezember 2003, C 61/00,

      E. 1.1 mit Hinweisen; Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom

      20. Juli 2005, E. 1.2 [AL.2005.00289]). Im vorliegenden Fall arbeitete der Beschwerdeführer bis 30. April 2007 bei der A. , also im Geschäft seiner Ehefrau, und legte dort auch Beitragszeiten für einen Bezug von Arbeitslosenentschädigung ab

      1. Mai 2007 zurück (Art. 13 Abs. 1 AVIG). Am 3. März 2007 wurde die A. aufgrund eines Brandes geschlossen und dem Beschwerdeführer in der Folge durch seine Ehefrau gekündigt. Auffallend ist nun aber, dass FG. mit der Neueröffnung der F. am 6. August 2007 und damit nur rund 5 Monate nach der Schliessung der A.

      erneut den Betrieb einer chemischen Reinigung aufnahm. Es stellt sich daher die Frage, ob der Betrieb der A. im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung tatsächlich definitiv aufgegeben wurde ob es sich bei der neueröffneten F. de facto um eine Weiterführung der A. handelt und der Betrieb der A. demnach lediglich vorübergehend stillgelegt war.

    2. Neben der bereits erwähnten kurzen Dauer von der Schliessung der A. bis zur Neueröffnung der F. ist vorliegend auch die Tatsache bemerkenswert, dass eine Schliessung der A. ungeachtet des Brandes vom 3. März 2007 unumgänglich gewesen wäre. So ist aus den Untersuchungsakten ersichtlich, dass die Vermieterin der Geschäftsfläche der A. das Mietverhältnis per 31. März 2007 definitiv gekündigt hatte (act. 3.2/D1/8). Wollte FG. demnach weiterhin im Textilreinigungsgeschäft tätig sein, blieb ihr letztlich nichts anderes übrig, als eine neue Geschäftsfläche anzumieten. Berücksichtigt man, dass FG. die F. nicht neu gegründet, sondern das Geschäft mit dieser Bezeichnung übernommen hat, kann auch der Umstand, dass das neue Geschäft nicht wieder unter der Firma A. eröffnet wurde, nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der F. faktisch um eine Weiterführung der A. handelt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Betrieb der A. nicht definitiv eingestellt, sondern im Sinne von BGE 123 V 234 E. 7b/bb lediglich "für eine gewisse Zeit vollständig stillgelegt" wurde. Der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit ab 1. Mai 2007 bis zur Abmeldung vom Leistungsbezug per 5. März 2008 ist deshalb aufgrund seiner Eigenschaft als Ehegatte der Arbeitgeberin zu verneinen. Welche Stellung dem Beschwerdeführer in der F. ab

      1. Mai 2007 tatsächlich zukam, kann deshalb offen bleiben.

    3. Selbst wenn die Anspruchsberechtigung des Versicherten trotz seiner Eigenschaft als ehemalig mitarbeitender Ehemann der Arbeitgeberin bejaht werden müsste, entfiele seine Anspruchsberechtigung bereits zufolge fehlender Vermittlungsfähigkeit, spricht doch das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers in der Zeit ab 1. Mai 2007 dafür, dass er nicht gewillt war, vermittelte Arbeit anzunehmen und sich persönlich um Arbeit zu bemühen (vgl. oben E. 1.4). So lehnte der Beschwerdeführer am 11. Juli 2007 eine ihm angebotene Festanstellung als Dreher unter dem Vorwand ab, im Zeitpunkt des geforderten Stellenantritts Ferien geplant zu haben. Fest steht aber, dass der Beschwerdeführer die angeblich geplanten Ferien nicht mittels dem ihm am 14. Juni 2007 abgegebenen Ferienmeldeformular beim RAV angemeldet und tatsächlich auch nicht angetreten hat, weshalb er mit rechtskräftiger Verfügung vom 24. August 2007 für 30 Tage in der Anspruchsberechtigung eingestellt wurde (act. G 3.2/B4). Am

29. August 2007 unterbrach der Beschwerdeführer ein per 20. August 2007 angetretenes Einsatzprogramm zufolge Krankheit. Das vom Beschwerdeführer eingereichte Arztzeugnis bescheinigt eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vom

29. August bis 2. September 2007. Am 3. und 4. September 2007 blieb der Beschwerdeführer dem Einsatzprogramm aber weiterhin – trotz wiedererlangter Arbeitsfähigkeit und damit unentschuldigt – fern, bis er am 5. September 2007 verhaftet wurde. Bis am 7. November 2007 verblieb der Beschwerdeführer in der Folge in Untersuchungshaft. Dessen ungeachtet wurde mit dem Beschwerdeführer am

26. September 2007 telefonisch vereinbart, dass er seine Bewerbungsunterlagen für eine Feststelle einreiche. Auch dies unterliess der Beschwerdeführer trotz erneuter schriftlicher Aufforderung (vgl. Telefonnotiz vom 10. Oktober 2007, act. G 3.2/B41). In einer Besprechung vom 27. November 2007 äusserte sich der Beschwerdeführer dahingehend, dass er aufgrund der Vorbereitungen für eine selbständige Erwerbstätigkeit an keinem Einsatzprogramm mehr teilnehmen wolle (act. G 6/E38). Als dem Beschwerdeführer schliesslich am 18. Dezember 2007 eine Stelle als Maschinenmechaniker zugewiesen wurde, bewarb er sich auch für diese Stelle pflichtwidrig nicht (act. G 6/E 36 und 37).

4.

Nach dem Gesagten ist der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom

31. März 2009 rechtmässig und die Beschwerde abzuweisen. Gerichtskosten sind

keine zu erheben (Art. 61 lit. a des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG, SR 830.1]).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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